mit freundlicher Unterstützung der Aktion Mensch

Erschreckende Fakten

Suizid

Lesbische und schwule Jugendliche haben eine vier- bis siebenmal höhere Suizidrate

Das Suizidrisiko von Lesben und Schwulen zwischen 12 und 25 Jahren ist vier- bis siebenmal höher, als das von Jugendlichen im Allgemeinen. Deutlich ansteigend ist das Suizidrisiko, je jünger die Jugendlichen bei ihrem Coming Out sind.

Laut der Studie des Berliner Senats „Sie liebt sie. Er liebt ihn.“ haben sechs von zehn Befragten schon einmal daran gedacht, ihrem Leben ein Ende zu setzen, die Mädchen etwas häufiger als die Jungen. 18% haben bereits einen oder mehrere Suizidversuche hinter sich. Die Erfahrung zeigt, dass das Risiko eines späteren Suizides mit der Anzahl vorausgegangener Suizidversuche steigt.

Gefährdet sind vor allem die Jugendlichen, die

  • in der Familie unerwünscht und ungewollt, emotional vernachlässigt sind,
  • abgelehnt oder überfordert sind,
  • in einer ständig gespannten Familienatmosphäre aufwachsen,
  • Gewalterfahrungen (physisch und/oder psychisch) machen,
  • schwere Verluste, Trennungen und Brüche erfahren haben,
  • ein problematisches Coming out haben.

Insbesondere die männlichen Jugendlichen leiden unter der Angst oder der Erkenntnis schwul zu sein. Viele homosexuelle Jugendliche erzählten nach einem Suizidversuch, sie hätten Ihre Eltern von der Schande erlösen wollen, ein homosexuelles Kind zu haben.

Nicht die Homosexualität an sich führt dazu, suizidal zu werden, sondern die eigenen (berechtigten) Ängste, Erfahrungen mit den Reaktionen des Umfeldes (Elternhaus, Gleichaltrige, Schule) und die gesellschaftliche Bewertung.

Je geringer die Akzeptanz und soziale Einbindung, desto größer der Selbstzweifel und desto tiefgreifender möglicherweise die Krise (…). Insgesamt sind es die lang andauernden Belastungsfaktoren, die das Lebensgefühl der suizidgefährdeten jungen Menschen bestimmen.

Über ihre Homosexualität sprechen suizidgefährdete Jugendliche in Beratungsstellen, mit VertrauenslehrerInnen etc. in der Regel nicht oder erst viel später oder nur auf Nachfrage, weil sie sich der Einstellung der BeraterInnen/LehrerInnen…, zu diesem Thema nicht sicher sind. Die Jugendlichen sind somit häufig ganz auf sich allein gestellt.

Quellen:
„Zur Lebenssituation junger Lesben und Schwuler - Homosexualität und Suizidalität“, Referat, Dipl.-Psychologin Sigrid Meurer (Beratungsstelle Neuhland, Modelleinrichtung für suizidgefährdete Kinder und Jugendliche)
in „Stärke gefragt - Eltern und ihre homosexuellen Kinder, Tagungsband Bundeselterntreffen, BEFAH e.V.“, Berlin 2003, info@befah.de

Weiterführende Links:

Mobbing und Gewalt

Lesbische und schwule Jugendliche sind Opfer von Mobbing und Gewalt in Familie, Schule und der Öffentlichkeit.

Über die Hälfte hat üble Nachrede und Mobbing Gleichaltriger erlebt. Etwa vier von zehn, dass sich Freunde zurückgezogen haben. Ebenso viele sind in der Öffentlichkeit beschimpft worden, knapp ein Drittel in der Schule. Häufig erleben SchülerInnen, dass Lesben und Schwule zu Zielscheiben von Witzen und Verachtung werden, ohne dass Lehrkräfte darauf angemessen reagieren.

So verteidigen nur etwa 18% der Lehrkräfte Lesben/Schwule im Unterricht, über 27% jedoch lachen mit oder stimmen homophoben Äußerungen zu.

Körperliche Gewalt aufgrund der sexuellen Identität haben bereits 7% der lesbischen und schwulen Jugendlichen in der Schule erfahren und 5,7% in der Öffentlichkeit. Körperliche Gewalt im Elternhaus erleiden aufgrund Ihrer Homosexualität 1,5% der Jugendlichen.

Die Zahlen verdeutlichen: Homophobe Gewalt ist allgegenwärtig und spielt sich überwiegend auf der verbalen, psychischen Ebene ab. In der Mehrzahl der Fälle erleben die Jugendlichen die beschriebene Gewalt nicht einmalig, sondern mehrfach.

Quellen:
„Schwule Jugendliche: Ergebnisse zur Lebenssituation, sozialen und sexuellen Identität“, Studie des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales, 2001

Rauswurf und Flucht von zuhause

Häufig werden lesbische und schwule Jugendliche von zuhause rausgeworfen, wenn sie sich ihren Eltern anvertrauen - auch heute noch.

Etwa 4% der lesbischen und schwulen Teenager werden von zuhause rausgeworfen, wenn sie sich outen und sind mit dieser Problematik somit signifikant häufig konfrontiert. Schnelle und professionelle Hilfe ist dann gefragt, jedoch gibt es in der Bundesrepublik hierzu zur Zeit nur wenige Angebote.

Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der erhöhten Anzahl der Rauswürfe auch ein erhöhter Anteil der Jugendlichen, die auf der Straße leben, aufgrund ihres Lesbisch-/Schwulseins dazu gekommen sind. Studien über diese Thematik gibt es bislang nicht.

Fast die Hälfte der 15- bis 25-jährigen hat bisher dem Vater die eigene Homosexualität nicht mitteilen können, über ein Viertel muss langfristig damit leben, von ihm wegen des Lesbisch-/Schwulseins abgelehnt zu werden.

Mit Weglaufen von zuhause reagieren 8% der Jungen und 15% der Mädchen auf psychischen Druck im Elternhaus.

Quellen:
„Wir wollen´s wissen - Befragung zur Lebenssituation von lesbischen, schwulen und bisexuellen Jugendlichen in NRW“, Jugendnetzwerk Lambda NRW e.V., Aachen 2005, Herausgeber: Schwules Netzwerk NRW e.V.

„Schwule Jugendliche: Ergebnisse zur Lebenssituation, sozialen und sexuellen Identität“, Studie des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales, 2001

„Sie liebt Sie. Er liebt ihn. - Eine Studie zur psychosozialen Situation junger Lesben, Schwuler und Bisexueller in Berlin“, Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, Berlin 1999

Essstörungen

Essstörungen sind bei lesbischen Mädchen und zunehmend bei schwulen Jungen ein weit verbreitetes Phänomen.

Durch den auf ihnen liegenden psychischen Druck, reagieren lesbische Mädchen und schwule Jungen zunehmend mit Essstörungen. Nahezu jede 10. lesbische Jugendliche beschreibt dieses Phänomen.

Für junge Schwule gibt es noch keine hinreichende Untersuchung, Alltagsexperten aus der schwulen Jugendarbeit berichten jedoch seit einigen Jahren von häufigen Beobachtungen von Essstörungen bei Jungen.

Quellen:
„Sie liebt Sie. Er liebt ihn. - Eine Studie zur psychosozialen Situation junger Lesben, Schwuler und Bisexueller in Berlin“, Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, Berlin 1999

Psychischer Druck und Stress

Sich in Familie und Schule zu outen ist ein erheblicher Stressfaktor und mit Risiken verbunden.

Die Gewissheit schwul zu sein, ist heute mit dem gleichen Ausmaß an Unsicherheit und Furcht verbunden wie vor 30 Jahren.

Mehr als zwei Drittel aller Jugendlichen mussten/ müssen aufgrund ihrer Homosexualität mit größeren Belastungen fertig werden, als andere gleichaltrige Jugendliche. Nur etwa 1% aller lesbischen und schwulen Jugendlichen gibt an, noch nicht diskriminiert worden zu sein.

Die Reaktionen ihrer Umwelt werden von den Jugendlichen schon vor ihrem Coming out antizipiert und sorgen für einen konstant hohen Stresspegel. Auch wenn das eigene Coming out gut verläuft, gehen diesem somit Monate und Jahre der Selbstzweifel, der Angst und der Unsicherheit voraus.

Quellen:
„Schwule Jugendliche: Ergebnisse zur Lebenssituation, sozialen und sexuellen Identität“, Studie des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales, 2001

Depressionen und andere psychischen Erkrankungen

Lesbische und schwule Jugendliche leiden, aufgrund von massiven Diskriminierungserlebnissen, überdurchschnittlich häufig an Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen.

In der Studie des Niedersächsischen Ministeriums von 2001 gab jeder Vierte schwule Jugendliche an, bereits fachliche, psychologische Hilfe in Anspruch genommen zu haben. Im Vergleich: auf weniger als 10% der allgemeinen männlichen Jugendlichen trifft dieses zu.

15% der schwulen Teenager leiden unter Depressionen, verglichen mit 5% ihrer heterosexuellen Altersgenossen.

Die Belastung mit Depressionen ist in der Untersuchungsgruppe schwuler Jugendliche demnach drastisch erhöht.

Für lesbische Jugendliche liegen derzeit keine hinreichenden Untersuchungen vor. Da sich in allen anderen Problemlagen jedoch die Zahlen der lesbischen und der schwulen Jugendlichen sehr ähneln, ist auch hier davon auszugehen.

Wie beim Thema Suizidalität, muss auch hier deutlich erwähnt werden, dass nicht die Homosexualität an sich dazu führt, psychische Erkrankungen zu erleiden, sondern die eigenen (berechtigten) Ängste, Erfahrungen mit den Reaktionen des Umfeldes (Elternhaus, Gleichaltrige, Schule) und die gesellschaftliche Bewertung.

Quellen:
„Schwule Jugendliche: Ergebnisse zur Lebenssituation, sozialen und sexuellen Identität“, Studie des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales, 2001

Sucht

Lesbische und schwule Jugendliche reagieren auf anhaltende Diskriminierung alarmierend häufig mit Suchtmittelmissbrauch.

Fast zwei Drittel der lesbischen und 44% der schwulen Jugendlichen haben schon einmal mit Alkohol oder Drogen auf auftretende Coming out Probleme reagiert.

Medikamentenmissbrauch geben 2% der befragten Jugendlichen von Untersuchungen an.

Die Dunkelziffer hierbei wird vermutlich, aufgrund des gesellschaftlichen und rechtlichen Tabus, wesentlich höher ausfallen.

Quellen:
„Sie liebt Sie. Er liebt ihn. - Eine Studie zur psychosozialen Situation junger Lesben, Schwuler und Bisexueller in Berlin“, Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, Berlin 1999

Einsamkeit

Einsamkeit und mangelnde Gesprächspartner stehen mit Abstand auf Platz 1 in der Rangliste von Problemlagen lesbischer und schwuler Jugendlicher.

Die Angst von den Freunden, von den eigenen Eltern und Geschwistern, von der gesamten Umwelt abgelehnt zu werden, lässt lesbische und schwule Jugendliche vereinsamen.

Hinzu kommt die Wahrnehmung ganz alleine auf der Welt zu sein, die/der „so“ ist. Es fehlt im eigenen Umfeld an Rollenvorbildern: keine der Lehrerinnen ist offen lesbisch, keiner der Lehrer offen schwul. Es gibt keine lesbischen oder schwulen Gleichaltrigen, mit denen man sich austauschen- oder über Wünsche und Träume sprechen könnte. Die wenigen offen lebenden Prominenten aus dem Fernsehen helfen den Jugendlichen nicht - sie sind zu weit weg und kommen in der Regel aus dem Humoresken-Bereich, selten bis gar nicht jedoch aus dem im Jugendalter so wichtigen Bereich der Pop-Stars oder SpitzensportlerInnen.

Mehr als ein Drittel der jungen Lesben und Schwulen geben an, durch ihr Coming out FreundInnen verloren zu haben. Die 18-21 jährigen sind sogar überdurchschnittlich von Verlusten sozialer Kontakte betroffen (40,6%). Die Hälfte der Jugendlichen finden nach dem Coming out neue Freunde, jedoch gibt es eine längere Phase der Isolation, bevor der Verlust von Freundschaften kompensiert werden kann. Die andere Hälfte jedoch verliert Freundschaften, ohne neue hinzu gewinnen zu können.

Quellen:
„Wir wollen´s wissen - Befragung zur Lebenssituation von lesbischen, schwulen und bisexuellen Jugendlichen in NRW“, Jugendnetzwerk Lambda NRW e.V., Aachen 2005, Herausgeber: Schwules Netzwerk NRW e.V.

Mehr Informationen

Helfen Sie jetzt!

Egal, ob Sie selber etwas tun oder unsere Arbeit finanziell unterstützen wollen - fangen Sie jetzt an und klicken Sie hier!